Auge um Auge

Der Meisterschuss von Sooneck

Neid und Grausamkeit sind niemals eine gute Kombination. Das zeigt die Sage vom Meisterschuss auf Burg Sooneck nur zu deutlich. In ihrem Mittelpunkt: Siebold von Sooneck, der Hans Veit von Fürstenberg, seinem Nachbarn und Herr von Burg Fürstenberg, seinen Ruhm als hervorragender Armbrust-Schütze nicht gönnen will.

Siebold sinnt darauf, Hans Veit von Fürstenberg zu übertreffen, und fordert ihn zum Kampf auf Leben und Tod mit blanken Waffen auf. Dieser nimmt an, und obwohl er sich tapfer schlägt, unterliegt er dem Herausforderer. Hans Veit hat bereits mit seinem Leben abgeschlossen, doch Siebold erweist sich als grausamer Gewinner. Anstatt ihn zu töten, lässt Siebold ihm von seinen Knechten beide Augen ausstechen und in den Kerker von Burg Sooneck werfen.

Einige Zeit danach lädt Siebold zu einem ausschweifenden Fest auf seiner Burg ein. Als makabren Höhepunkt des Abends führt er den geblendeten Hans Veit vor die Festgesellschaft und verhöhnt den Mann, der einst rheinauf- und rheinabwärts als bester Schütze galt.

Doch damit nicht genug: Siebold lässt Hans Veit eine Armbrust geben und fordert ihn auf, einen goldenen Becher zu durchschießen – gelingt ihm dies, so soll er frei sein. 

Der Blinde, der mit seinen leeren Augenhöhlen ein jammervolles Bild abgibt, lädt den Bolzen und hebt an zum Schuss. Um ihn weiter zu verhöhnen, wirft Siebold den Becher hoch in die Luft – doch im gleichen Moment trifft ihn der Bolzen in den Hals. Das Ende des grausamen Burgherren ist gekommen, röchelnd verblutet er auf dem Boden. Der Schütze jedoch senkt seine Armbrust und weint. Ob aus Stolz oder über den Verlust seiner Schießkünste, ist nicht überliefert.

Die Sage, deren Kern im vermeintlichen mittelalterlichen Raubrittertum begründet liegt, ist bis heute auf Burg Sooneck präsent: Der Ankauf einer historischen Armbrust im Jahr 1984 für die Ausstattung macht die Verknüpfung von Burg und Sage auch für heutige Besucher anschaulich.