Kaiser Wilhelm II. auf der Jagd

Passioniert auf der Pirsch

Kaiser Wilhelm II. ist ein leidenschaftlicher Jäger. In der Schorfheide, seit Jahrhunderten Jagdrevier der brandenburgisch-preußischen Hohenzollern, erlegt er unzählige Hirsche – und nutzt seine Aufenthalte dort für politische Gespräche.

Seinen ersten Hirsch, einen Rothirsch von zehn Enden, erbeutet er in der Schorfheide bereits als siebzehnjähriger Prinz am 9. Oktober 1876. Zur Hofjagd in der Schorfheide wird er erstmals 1877 eingeladen, zusammen mit seinem Bruder Prinz Heinrich – nachdem er bereits im August jenen Jahres während eines Aufenthalts im Jagdschloss Schorfheide unter der Leitung des Oberförsters auf der Pirsch war: Fast eine halbe Stunde lang kniete der Prinz dafür bei Regenwetter in einer Pfütze, um auf einen 12-Ender schießen zu können.

1880 steht Prinz Wilhelm erstmals auf der Liste der Pirschjäger. Zugestanden wird ihm der Abschuss von vier Hirschen in der Schorfheide, bei Dam- und Schwarzwild gilt keine Begrenzung. 

Im Oktober 1883 ist ihm der Jagderfolg besonders hold: an nur vier Tagen erlegt in den Oberförstereien Grimnitz, Groß Schönebeck und Pechteich einen 16-Ender, drei 14-Ender, zwei 12-Ender, einen 10-Ender, einen 8-Ender und einen Kümmerer, neun Rothirsche und einen Damhirsch.

Auch adelige Gäste sind bei den Jagden in der Schorfheide dabei. Zu Ehren von Kronprinz Rudolf von Österreich, der nur ein Jahr älter ist als Prinz Wilhelm, findet 1883 eine große Lappjagd in den Fliederbergen des Reviers Pechteich und eine in Grimnitz statt. Wilhelm und Rudolf verbindet zwar die Begeisterung für die Jagd, persönlich politisch allerdings mögen sich die beiden wenig. Vorerst ist davon noch nicht viel zu spüren, zumal Rudolf dem aufgeschlossenen und liberalen Kronprinzen Friedrich nähersteht als dessen Sohn Wilhelm. Erst als dieser als Kaiser Wilhelm II. regiert, verschlechtert sich das Verhältnis zunehmend.

1888, dem Drei-Kaiser-Jahr, in dem Wilhelm nach nur dreimonatiger Regentschaft und Tod seines Vaters den Kaiserthron besteigt, wird die Schorfheide in ein Pirschrevier des Kaisers umgewandelt. Dazu ordnet Wilhelm II. in einer kurzen Mitteilung an: „Ich befehle, daß in meinem Jagdgehege Schorfheide als Jagdart nur die Pürsch stattfindet. Die jagdbaren Hirsche werde ich allein schießen.“

Wilhelm II. nutzt seine Aufenthalte in der Schorfheide ebenso für politische Gespräche und Entscheidungen. Häufig fahren Reichskanzler, Minister und Beamte von Berlin hinaus zum Haus Hubertusstock, der kaiserlichen Jagdresidenz am Rand der Schorfheide, um Majestät Vortrag zu halten. Auch der Kronrat trifft hier zusammen.

Der Kaiser diskutiert im Haus Hubertusstock unter anderem mit Admiral von Tirpitz den Flottenbau und erteilt dazu die entsprechenden Befehle, im Jahr 1900 unterzeichnet er den „Freundschaftsvertrag“ mit der Samoa-Inselgruppe – sie wird damit eine Kolonie des Deutschen Reiches.